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AR293

Verbesserte Zuverlässigkeit von Pulverkontaktwinkeln mit der Washburn-Direct-Methode und einem Werkzeug zur gleichmäßigen Proben-vorbereitung

Eine Reproduzierbarkeitsstudie auf Basis von Messungen der Wasserbenetzbarkeit von mikrokristallinem Cellulosepulver

In vielen Industriezweigen müssen homogene Mischungen zwischen Pulvern und Flüssigkeiten, so genannte Dispersionen, hergestellt werden. Für Fertiggerichte wird beispielsweise Gewürzpulver in großem Maßstab eingerührt, in Farbformulierungen sind Pigmente die wichtigste Komponente, und in pharmazeutischen Produkten werden Pulver oft vom Patienten selbst vor der Verabreichung mit Wasser gemischt. Ob diese Verfahren erfolgreich sind oder ob sich Klumpen bilden, hängt von der Benetzbarkeit des Pulvers ab.

 

Der Pulverkontaktwinkel, der die Benetzbarkeit widerspiegelt, wird seit langem mit der Washburn-Sorptionsmethode gemessen. In diesem Anwendungsbericht wird der neuere Washburn-Direct-Ansatz zur Analyse von mikrokristallinem Cellulosepulver als Modellprobe verwendet. Um die besonders wichtige Homogenität der Proben zu gewährleisten, wurde ein spezielles Präparationsset verwendet. Wir konnten zeigen, dass die so gemessenen Wasserkontaktwinkel eine hohe Reproduzierbarkeit aufweisen, die mit dem klassischen Washburn-Ansatz und herkömmlichen Methoden zur Probenvorbereitung nur schwer zu erreichen ist.

Hintergrund

Über die Washburn-Methode

Die Washburn-Methodik [1,2] ist die Methode der Wahl bei der Analyse des Benetzungsverhaltens von porösen Feststoffen, zu denen Pulver, gewebte und nicht gewebte Textilien sowie Verbundfasern gehören. Typischerweise wird das durch Kapillarwirkung hervorgerufene, zeitabhängige Eindringen einer Flüssigkeit in einen porösen Feststoff durch die Washburn-Gleichung beschrieben:

Dabei sind σ, η und ρ die Oberflächenspannung (OFS), die Viskosität und die Dichte der Flüssigkeit. Dies sind leicht zugängliche Eigenschaften der verwendeten Flüssigkeit. Zur Messung des Kontaktwinkels q muss zunächst die zweite Unbekannte, die Kapillaritäts­konstante c, bestimmt werden. c ist eine Material­konstante der jeweiligen Pulverpackung, die mit Flüssigkeiten mit niedriger OFS wie Hexan oder Heptan bestimmt werden kann. Es ist zu erwarten, dass diese Flüssigkeiten die Probe vollständig benetzen, so dass der Kontaktwinkel gleich Null ist. Der so gemessene Wert für c wird dann zur Bestimmung des Kontaktwinkels mit anderen Flüssigkeiten verwendet.

 

Ein Diagramm einer typischen Washburn-Direct-Messung wie in der ADVANCE-Software angezeigt ist in Abb. 1 dargestellt, wobei cos θ über die Zeit aufgetragen wird. Wenn die Probe richtig vorbereitet ist, d. h. die Packungsdichte sich nicht mit der Höhe ändert, zeigt cos θ ein Plateau. Durch Bewegen der Schieberegler kann der gewünschte Plateau-Bereich ausgewählt werden, d.h. derjenige mit dem geringsten Fehler für die Bestimmung.

Abb. 1: Beispieldarstellung einer Washburn-Direct-Kurve

Wie homogene und reproduzierbare Pulververpackungen erreicht werden können

Poröse Feststoffe wie Pulver zeigen eine Messvariabilität, die davon abhängt, wie gleichmäßig die Pulver verdichtet werden. Obwohl Rüttelvorrichtungen und Zentrifugen zum Packen dieser porösen Stoffe verwendet werden können, neigen bei Pulvern mit variabler Partikelgröße kleinere Partikel dazu, zu migrieren und sich zu sammeln. Das führt beim Packen mit den beiden genannten Methoden zu einer Auftrennung der Partikelgrößen. In der Washburn-Direct-Darstellung würde dies zu einer Kurve führen, die keinen Plateau-Bereich aufweist.

 

Hier zeigen wir, wie ein kürzlich entwickeltes Washburn-Präparationsset (Abb. 2) bei der Durchführung von präzisen und reproduzierbaren Kontaktwinkelmessungen mit der Washburn-Direct-Methode hilft. Das Set sorgt für eine gleichmäßige Probenkompression unter Verwendung von Gewichten mit einer präzisen Masse.

Abb. 2: Washburn-Sorptionszelle und Präparationsset mit Packgewichten

Wir haben Wasserkontaktwinkelmessungen mit mikrokristallinem Cellulosepulver als Modellprobe durchgeführt. Diese Substanz ist ein Polymer auf Naturbasis, das in verschiedenen Produkten als Antiklumpmittel, Fettersatz oder Emulgator in der Lebensmittelproduktion verwendet wird. Sie wird auch in der pharmazeutischen Industrie als Hilfsstoff zur leichteren Auflösung von Tabletten verwendet. Das Benetzungs­verhalten dieses Pulvers sowohl in Wasser als auch in biologischen Medien ist von großem Interesse. In Tabletten beeinflusst es zum Beispiel die Freisetzung und Abgabe der Wirkstoffe.

 

 

Experimenteller Teil

Materialien

Mikrokristallines Cellulosepulver (Avicel® PH-101) und n‑Hexan (ACS-Reagenzqualität) wurden von Sigma-Aldrich bezogen. Für alle Messungen der Kapillaritätskonstante und des Kontaktwinkels wurden n‑Hexan bzw. destilliertes Wasser verwendet.

 

 

Pulverkomprimierung

Mikrokristalline Cellulosepulver wurden mit dem in Abb. 2 gezeigten SH0824 Washburn-Sorptions-Set mit Packungsgewichten komprimiert. Am Boden der Washburn-Zelle wurde Filterpapier eingelegt und dann ein Sorptionsglasrohr in die Zelle eingesetzt. Die Kappe wurde oben auf die Washburn-Zelle geschraubt, wodurch das Glasrohr gegen den Boden gedrückt wurde. Eine Menge von 0,75 g des mikrokristallinen Cellulosepulvers wurde dann direkt in das Sorptionsglasrohr eingewogen (Abb. 3A). Die Zelle wurde in eine metallene Passform eingesetzt. Der Kolben mit den daran befestigten, kreisrunden Gewichten wurde in das Sorptionsglasrohr eingeführt und die Pulverprobe wurde 30 Sekunden lang komprimiert. Die Zelle mit dem komprimierten Pulver (Abb. 3B) wurde jeweils zur Bestimmung der Kapillaritätskonstante oder des Kontaktwinkels verwendet. Um die Reproduzierbarkeit zu vergleichen, wurde das Verfahren mit einem 1000 g- und einem 1500 g-Gewicht durchgeführt.

Abb. 3a: Mikrokristallines Cellulosepulver vor der Verdichtung.
Abb. 3b: Mikrokristallines Cellulosepulver nach der Verdichtung.

Messung der OFS, der Kapillaritätskonstante und des Kontaktwinkels

Die OFS von Wasser und n-Hexan wurde zunächst mit der Wilhelmy-Plattenmethode unter Verwendung eines K100 Force Tensiometer gemessen.

 

Zur Analyse der festen Probe wurde die Washburn-Zelle mit dem komprimierten Pulver an den Kraftsensor des K100 angehängt (Abb. 4). Die Flüssigkeitsaufnahme für n‑Hexan (für die Kapillaritätskonstante) und Wasser (für den Kontaktwinkel) wurde so lange aufgezeichnet, bis keine oder fast keine Adsorption (d. h. Massenzunahme) mehr festgestellt werden konnte. Alle Messungen wurden bei 25 °C durchgeführt.

Abb. 4: Die Washburn-Zelle mit der komprimierten Pulverprobe ist mit dem Kraftsensor verbunden
Ergebnisse

Für die Washburn-Auswertung erforderliche Flüssigkeitsdaten

Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der OFS-Messungen sowie die Daten für die Viskosität und Dichte aus der ADVANCE Software-Datenbank.

Flüssigkeit n-Hexan Wasser
Mittlere OFS (mN/m) 18.28 ± 0.28 72.63 ± 0.43
Viskosität (mPa s) 0.3131 0.9000
Dichte (g/cm³) 0.6594 0.9970

 

Tabelle 1: Flüssigkeitsdaten bei 25 °C, wie sie für die Berechnung nach Washburn benötigt werden

Bestimmung der Kapillaritätskonstante

Die Aufnahme von n-Hexan in das mit 1000-g-Gewicht gepackte mikrokristalline Cellulosepulver zeigte bereits vergleichbare Washburn-Direct-Kurven. Die berechneten Kapillaritätskonstanten für 10 Bestimmungen (Tabelle 2) ergaben einen Mittelwert von 4,11 ± 0,38 mm5, was einer relativen Standardabweichung (RSD) von 9,3% entspricht. Anschließend wurde derselbe Vorgang mit einem  1500‑g‑Gewicht wiederholt, um zu beurteilen, ob das schwerere Packungsgewicht zu einer höheren Präzision bei der Bestimmung der Kapillaritätskonstanten führt. Die resultierenden Kurven zeigen eine gute Übereinstimmung (Abb. 5).

Abb. 5: Überlagerte Washburn-Direct-Kurven für die Bestimmung der Kapillaritätskonstante von gepacktem mikrokristallinem Cellulosepulver (1500 g für 30 s) unter Verwendung von n-Hexan

In Tabelle 2 sind die Ergebnisse für die mit 1000 g bzw. 1500 g gepackten Proben aufgeführt. Die Werte bestätigen, dass die 1500­‑g-Gewichte sehr ähnliche, aber präzisere Ergebnisse der Kapillaritätskonstanten lieferten.

Packgewicht
(g)

Mittlere Kap.-Konstante
(mm5)

RSD

(%)

1000 4.11 ± 0.38 9.3
1500 4.12 ± 0.22 5.3

 

 

Tabelle 2: Kapillaritätskonstante von mikrokristallinem Cellulosepulver unter Verwendung von n-Hexan

Kontaktwinkelmessungen

Abb. 6 zeigt die Washburn-Direct-Kurven für die Aufnahme von Wasser in mikrokristallines Pulver, gepackt mit einem Gewicht von 1500 g.

Abb. 6: Überlagerte Washburn-Direct-Kurven für die Bestimmung des Wasserkontaktwinkels von gepacktem mikrokristallinem Cellulosepulver (1500 g für 30 s)

Der mittlere Wasserkontaktwinkel für 10 Bestimmungen betrug 71,0° ± 0,8° mit einer RSD von 1,1% (Tabelle 3). Ähnlich wie bei der Bestimmung der Kapillaritätskonstante konnten demnach gut vergleichbare Kontaktwinkel erzielt werden.

Packgewicht
(g)

Mittl. Kontaktwinkel
(°)

RSD

(%)

1000 68.1 ± 1.7 2.5
1500 71.0 ± 0.8 1.1

 

 

Tabelle 3: Kontaktwinkel von Wasser an mikrokristallinem Cellulosepulver

Zusammenfassung

Pulverkontaktwinkelmessungen liefern Informationen über die Benetzbarkeit, welche für die Herstellung homogener Dispersionen wichtig ist. Reproduzierbare Ergebnisse waren jedoch bisher nicht leicht zu erzielen. Dieser Anwendungsbericht zeigt den Weg zu besser vergleichbaren Kontaktwinkelergebnissen auf. Unter Verwendung von mikrokristallinem Cellulosepulver als Modellsubstanz wurden Messungen mit der kürzlich entwickelten Washburn-Direct-Methode durchgeführt. Um homogene Pulverpackungen mit immer gleicher Packungsdichte zu erhalten, wurden die Proben mit einem neu entwickelten Präparationssatz gleichmäßig verdichtet.

 

Eine geringe relative Standardabweichung wurde mit einer zehnfachen Bestimmung der erforderlichen Kapillaritätskonstante mit n-Hexan erreicht. Eine ebenso gute Übereinstimmung bei der zehnfachen Bestimmung des Wasserkontaktwinkels erzielt werden. Beim Komprimieren dieses spezifischen Pulvers wurde außerdem festgestellt, dass die Reproduzierbarkeit mit einem höheren Gewicht für die Komprimierung, d. h. mit 1500 g statt 1000 g, erhöht werden konnte.

 

Insgesamt belegen die Messungen, dass mit dem speziellen Präparationsset mit der Washburn-Direct-Methode gut reproduzierbare und präzise Ergebnisse des Pulverkontaktwinkels erzielt werden können.

 

 

Literatur
  • [1] Edward W. Washburn: The Dynamics of Capillary Flow. Phys. Rev., 17, 374 (1921).
  • [2] Wettability studies for porous solids including powders and fibrous materials. KRÜSS Technical Note TN302.

 

 

Wie in diesem Applikationsbericht erwähnt, sind die Messungen mit einem Force Tensiometer – K100 durchgeführt worden. Für dieselben Messmethoden, jedoch mit verbesserter Präzision und Benutzerfreundlichkeit, kann jetzt das aktuelle Instrument Tensíío genutzt werden.

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