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Lotuseffekt

Der Lotuseffekt (auch Lotoseffekt oder Lotusblüteneffekt) beschreibt das selbstreinigende Verhalten von bestimmten Oberflächen mir sehr geringer Benetzbarkeit (Superhydrophobie). Flüssigkeiten, insbesondere Wasser, perlen dabei von der Oberfläche ab und reißen Schmutzteilchen mit.

Woher stammt der Name Lotuseffekt?

Die Bezeichnung Lotuseffekt bezieht sich auf die Lotospflanze, die für selbstreinigendes Verhalten bekannt ist. Geprägt wurde der Begriff von dem Botaniker und Bioniker Wilhelm Barthlott, der den Effekt als erster wissenschaftlich beschrieb und dessen Nutzung für technische Oberflächen den Weg bereitete [1]. Die Bezeichnung Lotus-Effect wurde von der StoAG markenrechtlich geschützt.

Lotuseffekt: Regenwasser bildet auf dem Blatt runde, leicht abrollende Tropfen
Lotuseffekt: Regenwasser bildet auf dem Blatt runde, leicht abrollende Tropfen
Wo findet man den Lotuseffekt im Alltag?

Der Lotuseffekt wird bei vielen Produkten genutzt, um die Reinigung zu erleichtern oder gänzlich überflüssig zu machen. Beispiele dafür sind Fassadenfarben oder Textilien für Außenbereiche, Glasscheiben sowie Dachziegel. Auch medizinische Geräte werden mit selbstreinigenden Beschichtungen versehen, damit Keime nicht anhaften und leicht entfernt werden können.

Der Lotuseffekt wird bei vielen technischen Oberflächen genutzt, z. B. Textilien
Der Lotuseffekt wird bei vielen technischen Oberflächen genutzt, z. B. Textilien
Wie entsteht der Lotuseffekt?

Der Lotuseffekt nutzt die oberflächenchemischen Eigenschaften eines wasserabweisenden Materials (geringe freie Oberflächenenergie) in Kombination mit einer rauen Oberflächentextur. Beim Lotos z. B. ist ein wachsartiges Material in einer noppenartigen Nanostruktur auf dem Blatt angeordnet. Die geringe Benetzbarkeit des Wachses und die hohe Oberflächenspannung des Wassers sorgen gemeinsam dafür, dass kein Wasser in die Vertiefungen gelangt, sodass Tropfen kugelartig von der Oberfläche abrollen können.

 

Cassie und Baxter [2] haben den Benetzungszustand rauer, superhydrophober Oberflächen wissenschaftlich beschrieben.

Schematische Darstellung des Benetzungszustands nach Cassie & Baxter, der dem Lotuseffekt zugrunde liegt
Schematische Darstellung des Benetzungszustands nach Cassie & Baxter, der dem Lotuseffekt zugrunde liegt
Kann der Lotuseffekt anhand des Kontaktwinkels gemessen werden?

Da die Form eines Tropfen auf einer Oberfläche durch den Kontaktwinkel wiedergegeben wird, ist die Messung dieser Größe zur Charakterisierung superhydrophober Oberflächen mit Lotuseffekt grundsätzlich geeignet. Ab 90° gilt ein Material als nicht benetzbar und ab 150° wird es als superhydrophob bezeichnet. 

 

Aussagekräftiger als der einfache Kontaktwinkel ist die Bestimmung der Kontaktwinkelhysterese, welche den Unterschied des Kontaktwinkels bei der Benetzung (Fortschreitwinkel) und der Entnetzung (Rückzugswinkel) beschreibt. Oberflächen mit Lotuseffekt weisen eine ausgesprochen geringe Hysterese auf. Die Hysteresemessung kann optisch per Tropfenkonturanalyse dynamisch vergrößerter und verkleinerter Tropfen oder durch tensiometrische Messung mit der Wilhelmy-Methode erfolgen. Letztere erfasst die Benetzungskraft beim Eintauchen in die Flüssigkeit und beim anschließenden Herausziehen.

 

Zeigen alle Oberflächen mit sehr großem Wasserkontaktwinkel den Lotuseffekt?

Ein sehr großer Kontaktwinkel kein Garant dafür, dass ein Lotuseffekt vorliegt und Tropfen von der Oberfläche abrollen. Es gibt auch den gegenteiligen Rose Petal Effect [3], bei dem trotz sehr großer Kontaktwinkel eine starke Haftung (Adhäsion) der Flüssigkeit herrscht. Dabei sind die Vertiefungen zwischen den hydrophoben Erhebungen mit Flüssigkeit gefüllt. Welcher Effekt vorherrscht, hängt von der chemischen und geometrischen Struktur der rauen Oberfläche sowie von den Benetzungsbedingungen ab.

 

Aufschlussreich sind dabei Messungen des Drucks, der erforderlich ist, um die Benetzung der Vertiefungen zu erzwingen (forced wetting). Für solche Untersuchungen sind mit einer Kamera ausgestattete Tensiometer ideal, um Kraft- und Kontaktwinkelmessungen zu kombinieren.

Messung der für erzwungene Benetzung benötigten Kraft mit einem Tensíío Tensiometer. Der Tropfen wird zwischen einem Stempel und der Oberfläche zusammengedrückt. Dabei steigt der Krümmungsdruck an, bis er groß so ist, dass Vertiefungen in der rauen Oberfläche benetzt werden. Der Kontaktwinkel fällt dabei sprunghaft ab.
Messung der für erzwungene Benetzung benötigten Kraft mit einem Tensíío Tensiometer. Der Tropfen wird zwischen einem Stempel und der Oberfläche zusammengedrückt. Dabei steigt der Krümmungsdruck an, bis er groß so ist, dass Vertiefungen in der rauen Oberfläche benetzt werden. Der Kontaktwinkel fällt dabei sprunghaft ab.
Kann das Abrollverhalten beim Lotuseffekt direkt gemessen werden?

Das Abrollverhalten einer Flüssigkeit von einem Material kann anhand des Abrollwinkels bestimmt werden. Dabei handelt es sich um den Neigewinkel einer Oberfläche, bei dem ein dosierter Tropfen mit definiertem Volumen von der Oberfläche abrollt – also nicht um einen Kontaktwinkel. Trotzdem lässt sich diese Methode mit Kontaktwinkelmessungen kombinieren, indem das Messinstrument sich auf einer Neigeeinrichtung befindet.

Drop Shape Analyzer – DSA25: Instrument zur Messung des Abrollwinkels mithilfe einer softwaregesteuerten Neigeeinrichtung
Drop Shape Analyzer – DSA25: Instrument zur Messung des Abrollwinkels mithilfe einer softwaregesteuerten Neigeeinrichtung
Literatur
  • [1]     W. Barthlott (2023): The Discovery of the Lotus Effect as a Key Innovation for Biomimetic Technologies. - in: Handbook of Self-Cleaning Surfaces and Materials: From Fundamentals to Applications, Chapter 15, pp. 359-369.
  • [2]     A.B. D. Cassie, S. Baxter, Wettability of Porous Surfaces. In: Trans. Faraday Soc. 40, 1944, pp. 546-551.
  • [3]    B. Bhushan, M. Nosonovsky M. (2012). Rose Petal Effect. In: B. Bhushan (Ed.): Encyclopedia of Nanotechnology, pp. + 2265-2272.
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